Der Dschungel der Abschreibungsänderungen: Steuerliche Herausforderungen für kleine und mittelständische Unternehmen

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie stellen den Großteil der Arbeitsplätze und tragen erheblich zur Wertschöpfung bei. Doch gerade KMU stehen immer wieder vor neuen steuerlichen Herausforderungen, die ihre Liquidität, Planungssicherheit und Investitionsbereitschaft beeinflussen. Ein aktuelles Thema ist die Anpassung der steuerlichen Abschreibungsregelungen, insbesondere im Zusammenhang mit beweglichen Wirtschaftsgütern und der diversen Abschreibungsmöglichkeiten. Diese Thematik betrifft eine Vielzahl von Unternehmen und hat unmittelbare wirtschaftliche Auswirkungen.
1. Hintergrund: Die Bedeutung der Abschreibung für Unternehmen
Die steuerliche Abschreibung ermöglicht es Unternehmen, die Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern über einen bestimmten Zeitraum steuerlich geltend zu machen. Dies reduziert den steuerpflichtigen Gewinn und somit die Steuerlast. Besonders für KMU sind transparente Abschreibungsregelungen von zentraler Bedeutung, da Investitionen in Maschinen, Fahrzeuge oder IT-Infrastruktur oft erhebliche Kapitalbindungen erfordern.
2. Änderungen in den Abschreibungsregelungen
In den letzten Jahren gab es immer wieder Anpassungen bei den steuerlichen Abschreibungen. Eine besonders relevante Änderung betrifft die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung in Krisenzeiten und deren anschließende Einschränkung.
• Degressive Abschreibung: Im Zuge der Corona-Pandemie wurde für Anschaffungen zwischen 2020 und 2022 eine degressive Abschreibungsmethode eingeführt, die zunächst höhere Abschreibungsbeträge erlaubt. Dies sollte Unternehmen entlasten und Investitionen anregen.
• Rückkehr zur linearen Abschreibung: Seit 2023 gilt wieder die lineare Abschreibung als Standard, was bedeutet, dass Anschaffungskosten gleichmäßig über die Nutzungsdauer verteilt werden. Unternehmen, die auf schnelle steuerliche Entlastungen gesetzt haben, müssen nun wieder mit längeren Abschreibungszeiträumen rechnen.
• Neue Nutzungsdauern für bestimmte Wirtschaftsgüter: Besonders im Auge zu behalten ist für KMU die Anpassung der Nutzungsdauern bestimmter Wirtschaftsgüter durch die Finanzverwaltung. Beispielsweise wurde die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Computerhardware und Software auf ein Jahr reduziert. Besondere Hardware, zum Beispiel ein Server, muss hingegen nach wie vor über viele Jahre abgeschrieben werden. Andere Wirtschaftsgüter müssen weiterhin über viele Jahre abgeschrieben werden.
3. Auswirkungen auf kleine und mittelständische Unternehmen
Diese steuerlichen Anpassungen haben mehrere direkte Folgen für KMU:
• Beeinträchtigung der Liquidität: Da Investitionen nicht mehr so schnell steuerlich abgeschrieben werden können, sinkt die Möglichkeit, kurzfristig Steuerzahlungen zu senken. Dies kann zu Liquiditätsengpässen führen, besonders in wirtschaftlich angespannten Zeiten.
• Geringere Anreize für Investitionen: Unternehmen, die größere Investitionen planen, müssen berücksichtigen, dass sie steuerlich nicht sofort entlastet werden. Dies kann dazu führen, dass Anschaffungen hinausgezögert werden – was langfristig Innovation und Wachstum hemmen kann.
• Höhere steuerliche Belastung in den ersten Jahren nach Investitionen: Die Rückkehr zur linearen Abschreibung bedeutet, dass Unternehmen gerade in den ersten Jahren nach einer größeren Anschaffung eine höhere Steuerlast tragen müssen, da die Abschreibungsbeträge geringer ausfallen als bei der degressiven Methode.
• Rein volkswirtschaftlich dürfte sich der vermutlich immer wieder politisch motivierte Wechsel zwischen Abschreibungsarten negativ auswirken. Denn einerseits der Wechsel zu schlechteren Abschreibungsmodalitäten wie auch das Warten auf in Aussicht gestellte Abschreibungsverbesserungen bremsen die Investitionsbereitschaft von Unternehmen.
4. Sonderabschreibungen und deren Einschränkungen
Um KMU zu entlasten, gibt es verschiedene Sonderabschreibungsregelungen, beispielsweise nach § 7g EStG für Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter. Hier können Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 20 % der Anschaffungskosten im Jahr der Investition zusätzlich abschreiben.
Allerdings gibt es auch hier Einschränkungen:
• Der maximale Gewinn darf eine bestimmte Grenze nicht überschreiten (derzeit 200.000 Euro).
• Die Investition muss innerhalb von drei Jahren erfolgen, sonst verfällt der Sonderabschreibungsanspruch.
• Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung kann im Zuge von Betriebsprüfungen zu Rückfragen oder sogar Nachzahlungen führen, wenn die Voraussetzungen nicht sauber dokumentiert sind.
5. Lösungsmöglichkeiten für Unternehmen
Angesichts dieser Herausforderungen sollten KMU folgende Maßnahmen in Betracht ziehen:
• Steuerliche Planung optimieren: Unternehmen sollten frühzeitig mit ihrem Steuerberater prüfen, wie Investitionen steuerlich am besten gestaltet werden können.
• Alternative Finanzierungsmodelle nutzen: Leasing oder Mietkauf können unter bestimmten Umständen eine bessere Liquiditätssteuerung ermöglichen als der klassische Kauf.
• Förderprogramme nutzen: Es gibt staatliche Förderprogramme, die Investitionen unterstützen – beispielsweise durch Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen.
• Rücklagenbildung zur Steuerlastverteilung: Falls größere Investitionen anstehen, kann eine gezielte Rücklagenbildung helfen, die Steuerlast gleichmäßiger zu verteilen.
6. Fazit: Steuerliche Unsicherheit bleibt eine Herausforderung
Die aktuellen Änderungen in den Abschreibungsregelungen zeigen, wie stark steuerliche Rahmenbedingungen die wirtschaftlichen Entscheidungen von KMU beeinflussen können. Während größere Unternehmen oft über spezialisierte Steuerabteilungen verfügen, um solche Änderungen frühzeitig zu berücksichtigen, müssen sich KMU oft kurzfristig anpassen.
Die Abschaffung der degressiven Abschreibung einerseits und die Beibehaltung verkürzter Nutzungsdauern für bestimmte Güter andererseits sind Beispiele für Regelungen, die sich wesentlich auf Investitionsentscheidungen und Liquidität auswirken können. Eine vorausschauende steuerliche Planung ist daher essenziell, um finanzielle Engpässe zu vermeiden und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu sichern.